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Hier unsere Einladung und Empfehlungen für ein paar ausgewählte Bücher, um das rassismuskritische Denken zu Erlernen:
- Exit Racism – Tupoka Ogette
- Und jetzt Du – Tupoka Ogette
- War das jetzt rassistisch? – Black Voices
- Der weiße Fleck – Mohamed Amjahid
- Desintegriert euch – Max Czollek
- Killing Rage: Ending raciscm – Bell Hooks
- Things Fall Apart – Chinua Achebe
- Americanah – Chimamanda Ngozie Adichie
- The Hate U Give (THUG) – Angie Thomas
Black Lives Matter, geschrieben von Angelina Aimienoho:
Liebe FreundInnen von Kibera,
vermutlich habt auch ihr die Aktionen, Demonstrationen, Proteste und Aufklärungskampagnen der “Black Lives Matter“-Bewegung auf die ein oder andere Art und Weise mitbekommen. Diese internationale Bewegung gibt es schon seit einigen Jahren, doch der gewaltsame Tod des Afroamerikaners George Floyd in Minnesota durch einen Polizisten führte weltweit zu einer riesigen Welle der Solidarität, Trauer und Kritik an systemischem und institutionellem Rassismus. Rassismus ist real. Er ist eine Bedrohung. Und im schlimmsten Fall tötet er auch. Dies ist leider nicht nur in den Vereinigten Staaten so – auch in Österreich gab und gibt es Fälle von tödlich endender rassistisch motivierter Gewalt, ein besonders bekanntes Beispiel hierfür ist der Fall des 1999 ermordeten Nigerianers Marcus Omofuma, dem in dem Flugzeug, in welchem er abgeschoben werden sollte, von Polizisten Mund und Nasenloch mit Klebeband verklebt wurden, was zu seinem Tod führte.
Rassismus betrifft uns alle
Doch Rassismus beginnt nicht erst da, wo Neonazis marschieren und Schwarze Menschen physisch angegriffen werden. Rassismus fängt da an, wo abwertende Bezeichnungen für BIPOCi (Black Indigenous Person/People of Color) verwendet werden, stereotype Darstellungen durch die Medien verbreitet und gefestigt werden, Schwarze Menschen als „nicht zugehörig“ betrachtet werden. Aus eigener Erfahrung als PoC kann ich bestätigen, dass dieses „Othering“, bei dem man einen Menschen zur Abweichung einer angeblichen Norm oder eines Standards macht, sehr häufig vorkommt – und es tut weh. Zu den typischen Fragen, die ich nicht mehr hören kann, zählen unter anderem:
- „Aber woher kommst du WIRKLICH?“
- „Bekommst du eigentlich auch einen Sonnenbrand?“
- „Darf ich mal deine Haare anfassen?“
- „Sie können aber gut Deutsch.“
Gerade die Frage nach der tatsächlichen Herkunft ist schmerzhaft – ich wurde in Österreich geboren, bin in Österreich aufgewachsen und definiere mich als Österreicherin. Doch immer wieder wird mir das Gefühl vermittelt, keine richtige Österreicherin sein zu können. Auch die lobende Erwähnung meiner Deutschkenntnisse ist alles andere als ein Kompliment – warum wird denn davon ausgegangen, dass Deutsch nicht meine Muttersprache sein kann? Wir alle wurden rassistisch sozialisiert, wie auch die deutsche Autorin und Anti-Rassismus-Trainerin Tupoka Ogette in ihrem Buch „Exit Racism“ betont: Wir leben in einer Weißen Dominanzgesellschaft, in der Weiße Privilegien die Norm sind. Diese Privilegien brachte die Anti-Rassismus-Aktivistin und Feministin Peggy McIntosh in ihrem Essay „White Privlege: Unpacking the Invisible Knapsack“ auf den Punkt, unter anderem nennt sie: als Weiße Person kann man sich bei der Wohnungs- und Arbeitssuche sehr sicher sein, dass die eigene Hautfarbe kein Problem darstellt, man muss sich vor Urlauben keine Gedanken darüber machen, ob man am Zielort als Weiße Person sicher ist, man muss keine Angst davor haben,aufgrund der eigenen Hautfarbe, sollte man, beispielsweise, rechtliche oder medizinische Hilfe brauchen, institutionell ausgegrenzt zu werden – und man hat die Wahl, ob man sich mit Rassismus auseinandersetzen möchte oder nicht. Gehört man hingegen zu der marginalisierten Gruppe, bleibt einem diese Entscheidungsfreiheit nicht – man muss sich täglich mit Rassismus auseinandersetzen.
Wie lernt man rassismuskritisches Denken?
Eines ist klar: Es ist emotional alles andere als einfach, sich auch mit den eigenen rassistischen Denkweisen und Vorurteilen auseinanderzusetzen. Doch es lohnt sich, wenn man bei sich selbst anfängt und zu reflektieren versucht, welche Denkmuster man sich bereits als Kind angeeignet hat, weil sie in einer Weißen Mehrheitsgesellschaft als „normal“ gelten. Rassistische Denkmuster findet man nicht nur bei Neonazis und „Ewiggestrigen“, sondern wir alle wurden in einem gewissen Ausmaß massistisch sozialisiert. Man denke nur an Abbildungen in Schulbüchern – vor allem im Geschichtsunterricht -, die auch wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge rassistische Inhalte vermitteln und exotistische Afrikabilder reproduzieren – in ihrem Buch zitiert Tupoka Ogette dazu Fanny Lüskows „Afrika – ein Krisen-, Katastrophen- und Elendskontinent – das Afrikabild in deutschen Schulbüchern.“ Hinzu kommt, dass man über Schwarze Geschichte deutlich weniger lernt als über Weiße Geschichte. Eigentlich ist das einzige Thema hier die Sklaverei, wobei es auch hier häufig zu problematischen Darstellungen kommt, bei denen Weiße Menschen als „Erretter“ der unzivilisierten „Wilden“ porträtiert werden und die Schwarzen als hilflose Opfer – tatsächlich kam es auch zu Revolten und geplanten Aufständen, beispielsweise von den Herero, die sich gegen die deutschen Kolonialisten erhoben. Unsere schädlichen Denkmuster sind uns meist selbst nicht bewusst, ehe wir uns aktiv mit ihnen auseinandersetzen. Und genau das ist der so wichtige, erste Schritt: sein eigenes Denken und Tun kritisch zu hinterfragen und zu dekonstruieren, was man stets für wahr und für richtig gehalten hat. Denn in unserer Gesellschaft ist niemand „farbenblind“ und zu behaupten, für einen selbst spiele die Hautfarbe anderer selbstverständlich keine Rolle, ist zwar gut gemeint – bringt jedoch leider wenig. Stattdessen hilft es, sich Fragen zu stellen wie: Wie spreche ich mit/über Schwarze Menschen? Warum mache ich eher einen Bogen um einen Schwarzen als um einen Weißen Mann? Halte ich Schwarze Menschen, die von ihren rassistischen Erfahrungen berichten,vielleicht manchmal für überempfindlich?
Tupoka Ogette beschreibt in ihrem Buch „Exit Racism“ den Weg hin zu einem rassismuskritischen Denken, einer kritischen Auseinandersetzung mit einem oftmals sehr einseitig geprägten Weltbild. Ihr Buch half auch mir als PoC, besser zu verstehen, wo Rassismus beginnt und wie man über Rassismus sprechen kann, um andere auf die Allgegenwärtigkeit dieses Phänomens aufmerksam machen zu können. Mittlerweile gibt es auch andere, sehr informative Sachbücher zu den Themen Rassismus und Black Lives Matter. Wichtig ist selbstverständlich auch der Austausch mit anderen – ob mit FreundInnen oder Verwandten oder auch über Online-Plattformen wie Instagram.
Begriffserklärungen
Sprache ist dynamisch und stets im Wandel. Dadurch gibt es nun auch Begriffe, die häufiger im Kontext eines Diskurses über Rassismus auftauchen und helfen können, auch komplexe Phänomene zu verstehen und zu benennen. Einige dieser Begriffe werden im Folgenden kurz erklärt:
- „White Fragility“: auf Deutsch „Weiße Zerbrechlichkeit“. Dieses Phänomen beschreibt die psychologischen Abwehrmechanismen, wenn man mit der Tatsache, dass Rassismus existiert und man selbst nicht frei davon ist, konfrontiert wird. Am Ende wird damit der Mensch, der Rassismus benennt oder aufzeigt, „bestraft“, indem man alles unternimmt, um seine Position zu schwächen und ihn gar als das eigentliche Problem darzustellen. Die US-amerikanische Soziologin Robin DiAngelo bezeichnet es als „soziales Muster weißer Menschen“. In einem Interview mit „Die Zeit“ sagt sie: Viele Weiße reagieren schon auf die Andeutung, dass Weißsein Bedeutung hat, mit extremer Ablehnung. Auch der Hinweis, dass ich etwas über sie wissen könnte, nur weil sie weiß sind, verursacht Verärgerung. Wir können kaum damit umgehen, wenn uns jemand darauf hinweist, dass unsere race unser Leben und unsere Ansichten formt.
- „White Privilege“: So, also als „Weiße Privilegien“, bezeichnet man jene sozialen, gesellschaftlichen Vorteile, die sich daraus ergeben, als Weißer Mensch in einer Weißen Mehrheitsgesellschaft zu leben. So nimmt man sich selbst als die „Norm“ wahr und die „Anderen“ als von dieser Norm abweichend; und in vielen Lebensbereichen, ob beruflich, privat oder im Kontakt mit Behörden, profitiert man von dieser nicht selbst verdienten Eigenschaft.
- „Othering“: Beim „Othering“ distanziert man sich selbst bzw. seine soziale Gruppe von anderen bzw. anderen Gruppen. Andere werden als fremd und andersartig dargestellt, um so die eigene Identität zu festigen und zu stärken. Es handelt sich hier um einen psychologischen Abgrenzungsmechanismus, der jedoch auch schädlich sein kann, da Vorurteile und Klischees durch ihn aufrechterhalten und weitergegeben werden.
- „Racial stress“: im Englischen auch „Minority Stress“. Es handelt sich dabei um – oft langfristig – erhöhte körperliche und auch psychische Stresslevels bei Minderheiten, welche oftmals Diskriminierung und Stigmatisierung ausgesetzt sind. Zu den möglichen Symptomen zählen unter anderem erhöhter Blutdruck, ständige Sorge und Anspannung, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Hauterkrankungen.
- „White Gaze“: Kunst, Kultur, Produkte werden für Weiße Menschen geschaffen – davon geht der stets dominante „White Gaze“ aus. Auf Deutsch könnte man dieses Phänomen vielleicht als „Weißen Weltblick“ bezeichnen. Auch die US-amerikanische Schriftstellerin Toni Morrison setzte sich kritisch mit dem „White Gaze“ auseinander und schrieb als Schwarze Frau für Schwarze Menschen.
Lesempfehlungen (auch als Hörbuch verfügbar)
„Wir alle können nichts für die Welt, in die wir hineingeboren wurden. Aber jede und jeder kann Verantwortung übernehmen und diese Welt mitgestalten.“
– Tupoka Ogette
Tupoka Ogette ist Trainerin und Beraterin für Rassismuskritik und Antirassismus im deutschsprachigen Raum. Gemeinsam mit ihrem Team begleitet sie Unternehmen, Organisationen und Verbände mit individuellen Workshops, Vorträgen und Beratungen auf ihrem rassismuskritischen Weg. Tupoka Ogette und ihr Team konnten in den letzten Jahren mit rund 1000 Veranstaltungen in über 300 Institutionen schon mehr als 10.000 Menschen erreichen.
https://www.exitracism.de/
Reni Eddo-Lodge, geboren 1989 in London, ist preisgekrönte Journalistin und Bloggerin. Sie schreibt unter anderem für »The Guardian«, »The New York … Was bedeutet es, in einer Welt, in der Weißsein als die selbstverständliche Norm gilt, nicht weiß zu sein? Reni Eddo-Lodge spürt den historischen Wurzeln der Vorurteile nach, und zeigt unmissverständlich, dass die Ungleichbehandlung Weißer und Nicht-Weißer unseren Systemen seit Generationen eingeschrieben ist. Ob in Politik oder Popkultur – nicht nur in der europaweiten Angst vor Immigration, sondern auch in aufwogenden Protestwellen gegen eine schwarze Hermine oder einen dunkelhäutigen Stormtrooper wird klar: Diskriminierende Tendenzen werden nicht nur von offenen Rassisten, sondern auch von vermeintlich toleranten Menschen praktiziert. Um die Ungerechtigkeiten des strukturellen Rassismus herauszustellen und zu bekämpfen, müssen darum People of Color und Weiße gleichermaßen aktiv werden – „Es gibt keine Gerechtigkeit, es gibt nur uns.“
Aktiv werden….
Black Voices – das anti-rassistische Volksbegehren, ist
eine überparteiliche, anti-rassistische Initiative in Österreich. Ziel des
Volksbegehrens ist die gleichberechtigte Teilhabe Schwarzer Menschen, Menschen
afrikanischer Herkunft und People of Colour in allen Bereichen der
österreichischen Gesellschaft.